Matching-Technologien nehmen immer stärker Einfluss auf den Bewerbungsprozess und das Recruiting. Warum ist das so? Mit der fortschreitenden Digitalisierung verändern sich nicht nur die Erwartungen der Bewerber an ihren zukünftigen Arbeitsplatz. Der gesamte Rekrutierungsprozess steht vor einem grundlegenden Umbruch. Schneller, einfacher und effizienter soll es gehen – für beide Seiten.
Je nach Dringlichkeit der Suche und der Verfügbarkeit geeigneter Bewerber, können zwischen der Stellenausschreibung und der Einstellung Monate vergehen. In der Regel ist man bisher von vier bis acht Wochen ausgegangen – Tendenz steigend. Nichtzuletzt durch den Mangel an Fachkräften. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) stufen deutsche Unternehmer den Fachkräftemangel als Risikofaktor Nummer 1 für die Geschäftsabläufe ein.
Je größer die Firma, desto länger und komplexer der Bewerbungsprozess
Grobe Faustregel: Je größer die Firma und je höher und spezieller die Position, desto länger und komplexer der Prozess. Das kostet viel Zeit. Zeit, die der qualifizierte und gut ausgebildete Bewerber nicht (mehr) bereit ist zu investieren. Aber auch für den Unternehmer ist das Recruiting zeitaufwändig und kostspielig: Es bindet Ressourcen. Zudem entgehen bis zur Besetzung der Vakanzen dem Unternehmen Erträge, die es erzielen könnte. Es entstehen sogenannte Opportunitätskosten für entgangene Erlöse durch die Nicht-Besetzung.
Matching-Technologien: Passt es oder passt es nicht?
Tinder, Paarship und Co. haben das Kennenlernen im Privaten revolutioniert. Was früher die Disko oder die das Volksfest war, ist heute die digitale Singlebörse. Anfang des Jahrtausends noch spöttisch belächelt, ist es heute ganz normal auf sozialen Plattformen „für das Töpchen nach dem passenden Deckelchen“ zu suchen. Basis für den Erfolg diese Partner-Suchmaschinen sind sogenannte Matching-Technologien. Diese haben auch in der Recruiting-Welt längst Einzug gehalten haben.
Passt es oder passt es nicht? Auch Personalverantwortliche suchen seit jeher nach dem „Perfect Match“ zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Matching-Technologien beschleunigen die Suche nach passenden Mitarbeitern rasant – dadurch entstehen auch Wettbewerbsvorteile im „war for talents“.
Job- und Skill-Matching beschleunigt die Vorauswahl der Bewerber
Passt die Qualifikation und die Persönlichkeit des Kandidaten sowohl zum Jobprofil als auch zur Unternehmenskultur? Dann hat man in der Rekrutierung ein „Perfect Match“. Früher dauerte die Bewerbervorauswahl lange, nahm Ressourcen in Anspruch und man benötigte auch eine Prise Glück. Heute läuft vieles automatisch ab: Anhand von Algorithmen werden Bewerber- mit Anforderungsprofilen von möglichen Arbeitgebern abgeglichen. Man hört bereits vom Robot Recruiting.
Wie funktionieren Matching-Technologien?
Job-Matching-Technologien suchen nach passenden Paarungen in Profilen von von Kandidaten und Jobs und basieren auf Algorithmen. Ein Algorithmus ist ein vordefiniertet Rechenvorgang, der nach einem bestimmten Schema abläuft. Die in den Datenbanken hinterlegten Informationen werden in kurzer Zeit verarbeitet. Weil Maschinen nur das machen, was man programmiert, gilt es viele Herausforderungen zu meistern. Ein reiner Datenbankabgleich ist nicht zielführend und wenig erfolgversprechend. Die Algorithmen der Job-Matching-Technologien müssen nicht nur in der Lage sein, Informationen abzugleichen, sondern sie müssen diese auch aus verschiedenen Quellen extrahieren, verstehen und interpretieren können.
Lösen Matching-Technologien Menschen im Recruiting ab?
Nein, auf keinen Fall. Zum Beispiel gibt es in Unternehmen unterschiedliche Erwartungen an ein und dieselbe Jobbezeichnung. Ein Sales Manager in einem mittelständischen Maschinenbau-Unternehmen hat ein anderes Anforderungsprofil als eine Sales Manager in einem grossen Pharma-Konzern. Auch unterschiedliche Jobtitel für denselben Job führen zu Schwierigkeiten: „CEO“ ist dasselbe wie „Geschäftsführer“. Eine Technologie ist nur so gut, wie der gelieferte Inhalt. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, aus Lebensläufen automatisiert die Relevanz und Ausprägung wichtiger Fähigkeiten zu erkennen. Somit bezeichnet das sogenannte Robot Recruiting also eine Teilautomatisierung des Rekrutierungsprozesses.
Wie werden Matching-Technologien bei der Personalauswahl eingesetzt?
Für das „First date“ auf Online-Job-Plattformen
Online-Stellenbörsen wie Stepstone, Monster oder Indeed, aber auch Business-Netzwerke wie Xing und LinkedIn, setzen auf automatisierte Matching-Technologien. Die Plattformen bieten beiden Seiten – Unternehmen wie auch für Kandidaten – Matching-Angebote. Auf Basis des angelegten Profils werden automatisch nur geeignete – potenziell interessante – Stellenausschreibungen angezeigt. Vereinfacht wird der Suchprozess auch für die Unternehmen: Digitale Stellenanzeigen und Stellengesuche werden von Leuten gesehen, die bereits potenziell passen könnten. Manche Job-Plattformen nutzen das Matching, um den Unternehmen direkt passende Kandidaten für ihre ausgeschriebenen Stellen zu empfehlen.
Für das Bewerbermanagement in Unternehmen
Matching-Technologien werden zunehmend auch in Unternehmen für das Bewerbermanagement eingesetzt. Insbesondere in größeren Unternehmen lassen sich mit solchen Bewerbermanagement-Systemen die Prozesse vereinfachen und beschnleunigen. Je nach Software lassen sich z. B. eingehende Bewerbungen automatisch mit dem Anforderungsprofil zu offenen Stelle abgleichen. In Form eines Ratings, können Bewerber vorsortiert werden. Diese Pre-Scanning-Prozesse können auch weiter automatisiert werden: Von der Versendung der standardisierten Absage bis zur schnelleren, direkten Einladung von Kandidaten mit hohem Rating ohne weitere Prüfung zum Interview.
Vor- und Nachteile des digitalen Job-Matchings
Mit der automatisierten Vorselektion durch Matching-Technologien gewinnt man Zeit in der Rekrutierung. Zeit, die man intensiver in die geigneten Bewerber investieren kann. Eine kurze Reaktionszeit kann – aufgrund der Arbeitsmarktlage mit starkem Fachkräftemangel – entscheidend sein. Dauert es zu lange, hat sich der Kandidat in der Zwischenzeit möglichweise für einen anderen Arbeitgeber entschieden. Durch die neuen Technologien kann der Rekrutierungsprozess schneller, effizienter und kandidatenorientierter ablaufen.
Natürlich gibt es auch die Kehrseite der Medaille. Der Erfolg dieser Matching-Tools hängt von menschlichem Input ab: den eingegebenen Daten und hinterlegten Informationen und Verknüpfungen. Digitale Tools sind stets nur so intelligent, wie die Menschen, die sie programmiert haben. Auch wenn die Algorithmen stets besser und intelligenter werden, stecken doch Menschen dahinter. Zudem besteht die Gefahr, dass bestimmte Talente und Potenziale unentdeckt bleiben, weil sie nach den Rating-Kriterien durchs Raster fallen. Hier ist weiterhin menschliche Empathie und Erfahrung gefragt, diese ans Tageslicht zu bringen. Und letztlich wird der Faktor Mensch stets eine entscheidende Rolle spielen: in der persönlichen Ansprache, beim Aufspüren verborgener Talente und beim Bewerten der Soft Skills.
Wie auch im Privaten spielt die Beziehungsebene eine wichtige Rolle. Matching-Technologien helfen dabei die geeigneten Menschen schnell zusammenzubringen. Direkt, ohne Umwege und ohne sich nur auf das Glück zu verlassen. Ob es am Ende für ein „perfect match“ reicht? Das entscheidet sich, wenn man sich besser kennengelernt hat und auch die ungeschminkte Wahrheit sieht. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen! Wenn die Arbeitgebermarke nicht hält, was sie verspricht – und umgekehrt natürlich auch – reduziert sich das „perfect match“ zur kostspieligen heißen Affäre. Lieber echt!